ARTIKEL: Nachhaltige Quartiersentwicklung?

Im aktuellen Forum Wohnen und Stadtentwicklung des vhw – Bundesverbands für Wohnen und Stadtentwicklung e.V. ist ein Beitrag von Olaf Schnur mit dem Titel „Nachhaltige Quartiersentwicklung? Ansätze eines pragmatischen konzeptionellen Bezugsrahmens“ erschienen (hier geht’s zum kostenfreien Download). Der Artikel widmet sich der Frage, was unter einer „nachhaltigen Quartiersentwicklung“ zu verstehen ist und woran man sich orientieren kann, wenn man sich eine solche zum Ziel setzt. Denn obwohl seit langem ein breiter Konsens darüber besteht, dass eine nachhaltige Entwicklung anzustreben ist, bleibt nach wie vor die Frage offen, was genau darunter zu verstehen ist und wie die vielfältigen Ziele auf den unterschiedlichen Ebenen erreicht werden können. Eine Schwierigkeit besteht z.B. darin, dass es seit jeher unterschiedliche Vorstellungen davon gibt, was ein Quartier ausmacht. Folglich unterscheiden sich auch die Erwartungen an „das Quartier“ teilweise deutlich.

In dem Beitrag wird systematisch gezeigt, in welchen Dimensionen die Quartiersebene im Rahmen einer nachhaltigen Stadtentwicklung eine wichtige Rolle spielen kann. Dazu wird in einem ersten Schritt auf eine Studie des BBSR zurückgegriffen, welche quartiersbezogene Entwicklungsziele in den Bereichen „Umwelt“, „Soziales“, „Wirtschaft“, „Struktur“ und „Prozess“ verortet und als Orientierungsrahmen empfiehlt. Anschließend werden diese Entwicklungsziele mit dem Konzept des „Matrixraums“ von Dieter Läpple (1991) verknüpft, nach dem es vier Dimensionen gibt, durch deren kontinuierliches Zusammenwirken Raum sozial produziert wird: Die Dimension des „materiell-physischen Substrats“, die des „institutionalisierten und normativen Regelsystems“, die des „Zeichen-, Symbol- und Repräsentationssystems“ und die der „sozialen Interaktions- und Handlungsstrukturen“. Durch die Kombination der quartiersbezogenen Entwicklungsziele des BBSR mit den Dimensionen des Matrixraums von Läpple entsteht eine Matrix, die es ermöglicht, geordnet an einer nachhaltigen Quartiersentwicklung zu arbeiten und die zudem auf ein konkretes Quartier vor Ort zugeschnitten werden kann.

Dennoch wird betont, dass es trotz der vielen Vorteile, die eine solche Systematisierung bietet, nicht das Ziel sein kann, einen „Endzustand“ eines nachhaltigen Quartiers erreichen zu wollen. Vielmehr geht es um eine kontinuierliche, immer wieder zu evaluierende Arbeit am Prozess und um ein ständiges Nachjustieren und Weiterentwickeln der Parameter. Die Matrix vermag es, einen Anstoß zur systematischen Orientierung in einem komplexen Entwicklungsumfeld zu geben. Sie kann als Kommunikationsinstrument dienen, indem sie in gemeinsamen Diskussionen in und für ein Quartier angereichert, angepasst und verbessert wird. Die zentrale Frage bleibt jedoch, wer bestimmt, welche Maßnahmen für wen welchen Nutzen haben. Instrumente wie die vorgeschlagene Matrix funktionieren nur, wenn sie partizipativ, inklusiv und gemeinwohlorientiert eingesetzt werden. Humanistisch geprägte Ansätze wie „Capabilities“, „Commons“ oder „Co-Production“ bieten hier wertvolle Perspektiven – auch für das praktische Handeln vor Ort.

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