am 13.12. und 14.12.2012 in Düsseldorf
Zwischen Lebenswelt und Rendite:
Das Quartier als Wohn- und Investitionsstandort
Call for Papers
Die Situation ist dann unbefriedigend, wenn Flächen trotz der interkommunalen Konkurrenz um „junge Familien“ unbebaut bleiben, Quartiere funktional veröden, starke Gentrifizierungsprozesse und Exklusionstendenzen bis hin zur Entstehung von Gated Communities auftreten oder im umgekehrten Fall kaum noch bezahlbare Wohnungen für sozial benachteiligte Menschen vorhanden sind und die Kommunen unter der Last der Kosten der Unterkunft leiden. Wohnungswirtschaft und Privateigentümer stehen in einem derart fragmentierten urbanen Umfeld gleichzeitig vor der Aufgabe, ihre Bestände an die Bedürfnisse eines modernen und auch energetisch möglichst nachhaltigen Wohnens anzupassen, verspricht man sich doch von der energetischen Optimierung des Gebäudebestandes ein enormes CO2-Einsparungspotenzial. Darüber hinaus kann man sich die Wohnimmobilie als das Objekt vorstellen, an dem zunehmend auch die globalisierte Ökonomie im lokalen Quartierskontext „andockt“.
Mit der Liberalisierung der Wohnungsmärkte weg von den alten Strukturen der industrienahen paternalistischen Wohnungsversorgung hin zu (oft international agierenden) Investoren mit neuen Handlungslogiken und Verwertungsstrategien, hat sich die Akteurskulisse in der Wohnungswirtschaft verändert. Dies führt nicht zuletzt zu zusätzlichen Spannungen und Zielkonflikten im Verhältnis zwischen Wohnungsunternehmen, MieterInnen und Kommunen.
Aus diesem Konglomerat unterschiedlicher Entwicklungen ergeben sich eine Reihe von Themen und Fragen im Quartierskontext, welche wir gemeinsam mit ExpertInnen aus der akademischen Wissenschaft, aus der angewandten, beratenden Forschung, der wohnungswirtschaftlichen Praxis und aus dem kommunalen Bereich diskutieren möchten:
1. Handlungslogiken unterschiedlicher Akteure im Quartier
- Wie wirken sich die Handlungslogiken internationaler Investoren, privater und kommunaler Wohnungsunternehmen, privater Einzeleigentümer oder finanziell belasteter Kommunen im Quartiersmaßstab aus?
- Gibt es Good Practice-Beispiele oder Modellprojekte, die sich mit Kooperationsbeziehungen unterschiedlicher Akteure auf dem Wohnungsmarkt im Quartiersmaßstab befassen?
2. Kleinräumige Stadtentwicklungsstrategien
- Welche kommunalen Strategien für eine bedarfsgerechte und nachhaltige Wohnungsmarktentwicklung existieren? Mit welchen Differenzierungen reagiert die Wohnraumförderung auf die sich ändernden Rahmenbedingungen? Welche Rolle spielt dabei das „Quartier“?
- Wie können Instrumente der Stadtentwicklung, der Stadtplanung, aber auch Finanzinstrumente einer stärkeren Quartiersorientierung gerecht werden, ohne gesamtstädtische oder regionale Ziele aus den Augen zu verlieren?
- Inwieweit sollte einer zunehmenden Fragmentierung der Städte auf Quartiersebene entgegengewirkt werden?
3. Bedeutung des Quartiers als Kontext für die Neubau- und Bestandsentwicklung
- Welche Bedeutung haben quartiersbezogene Konzepte für Wohnungsunternehmen, Kommunen, Banken und andere Marktakteure? Welche Ziele verknüpfen die unterschiedlichen Akteure hiermit? Gibt es dabei Zielkonflikte?
- Wie sind diese kleinräumigen Konzepte eingebunden in übergeordnete Strategien der Akteure wie z.B. Stadtentwicklungsplanung, Portfolioanalysen und Risikobewertungen?
- Welche Bedeutung haben Quartiersumfelder (als „unique selling point“?) in der Vermarktung von Wohnimmobilien? Welche Rolle spielen „Problemimmobilien“ innerhalb der Quartierentwicklung? Wie werden die Eigentümer eingebunden?
- Gentrification und Gentrificationproteste – ein Thema auch in der Immobilien- und Wohnungswirtschaft? Welche Rolle spielen unterschiedliche Quartiersakteure bei Gentrifizierungsprozessen?
- Welche Erfahrungen hat die Immobilienwirtschaft mit sozialen Quartiersentwicklungsprojekten? Welche Rolle spielt die Immobilienwirtschaft in Zeiten leerer öffentlicher Kassen und reduzierter Städtebaufördermittel?
4. Quartierstypen und Bewohner-, Lebensstil- oder Zielgruppen
- Inwieweit lassen sich Lebensstilgruppen/Milieus bestimmten Quartierstypen zuordnen?
- Existiert ein spezifischer quartiersbezogener Wohnungsmarkt für MigrantInnen?
Der AK richtet sich an alle, die sich in Forschung und/oder Praxis (Kommunen, Immobilienwirtschaft, Consulting…) mit Quartiersthemen befassen, insbesondere auch an NachwuchswissenschaftlerInnen. Der AK Quartiersforschung versteht sich als offenes, interdisziplinäres Forum von ExpertInnen verschiedenster Ausrichtungen. Ziel ist es insbesondere, den Dialog zwischen aus Wissenschaft und Praxis zu fördern. Deshalb sind selbstverständlich neben GeographInnen auch Angehörige anderer sozialwissenschaftlicher Disziplinen sowie StadtplanerInnen und vor allem ExpertInnen aus der Praxis herzlich willkommen!
Für das Jahrestreffen, das in Düsseldorf vom 13. (abendliche Exkursion und Networking) bis 14. Dezember 2012 (Vorträge und Diskussion) stattfinden wird, sind Impulsreferate (ca. 15 Minuten) aus den oben beschriebenen Themenbereichen vorgesehen. Themenvorschläge (mit Kurzexposés von höchstens einer Seite) richten Sie bitte
Kontakt:
PD Dr. Olaf Schnur
Eberhard Karls Universität Tübingen
Forschungsbereich Geographie
Vertretungsprofessur für Stadtgeographie
Rümelinstraße 19-23
D-72070 Tübingen
eMail: olaf.schnur[at]uni-tuebingen.de
Dr. Matthias Drilling
Sozialgeograph, Raumplaner MAS ETH
Institutsleiter
Hochschule für Soziale Arbeit
Institut Sozialplanung und Stadtentwicklung
Thiersteinerallee 57
CH-4053 Basel
eMail: matthias.drilling[at]fhnw.ch