Call for Papers: Tagung des AK Quartiersforschung 2015 in Berlin zum Thema “Quartier und Gesundheit”

Tagung des AK Quartiersforschung am 18. und 19. Mai 2015 in Berlin

Thema: Quartier und Gesundheit: Strukturen, Prozesse und Entwicklungsmöglichkeiten

Call for Papers

Nachdem sich der Arbeitskreis Quartiersforschung in den letzten Jahren mit so unterschiedlichen Themen wie Governance, Demographie, Nachhaltigkeit oder Bildung – jeweils mit Bezug auf die sozialräumliche Ebene des Quartiers – beschäftigt hat, ist das Ziel für die Jahrestagung 2015, sich dem Thema Gesundheit anzunähern. Mit der Tagung, die wir in enger Kooperation mit dem Deutschen Institut für Urbanistik in Berlin durchführen, greifen wir zum einen hochaktuelle kommunalpolitische und -planerische Debatten auf, zum anderen schlagen wir den Bogen aber auch zu einem schnell wachsenden, interdisziplinären Forschungsfeld, welches einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Stadtentwicklung leisten kann. Konsequent sollen dabei insbesondere das Quartier als alltägliche Lebenswelt und die planerische Interventionsebene in den Mittelpunkt gerückt werden.

„Gesundheit“ ist eine oftmals normativ aufgeladene Begrifflichkeit, deren Bedeutungsvielfalt von pathogenen zu salutogenetischen Perspektiven reicht. Inzwischen kommt immer häufiger ein erweiterter, positiver Gesundheitsbegriff zur Anwendung, der davon ausgeht, dass „Gesundheit“ mehrdimensional, interdependent und dynamisch zu verstehen ist. Menschen können in diesem Sinne nie als vollständig gesund oder krank gelten, sondern bewegen sich auf einem fließenden Kontinuum. Dabei ist von Wechselwirkungen zwischen Individuen, Gruppen sowie verschiedenen Kontexten auszugehen, zu denen auch das sozialräumliche Quartiersumfeld gehört.

Eine Möglichkeit zur systematischen Betrachtung der Gesundheitsförderung im Quartiersrahmen stellt der viel zitierte Setting-Ansatz der WHO dar, der sehr stark an Kontexten sowie an lebensweltlichen Zusammenhängen orientiert ist und insofern die Quartiersebene impliziert mitführt: „Die Interaktion zwischen der physischen und sozialen Umwelt und den Dienstleistungsangeboten schafft ein Lebensumfeld, das die gesundheitliche Infrastruktur prägt und enorme Potenziale zur Unterstützung der Gesundheit der Menschen in sich birgt“ (http://www.gesundheitliche-chancengleichheit.de). Ziel des Setting-Ansatzes ist es, eine Verbesserung der Lebensbedingungen der Menschen zu erreichen, soziale Netzwerke zu stabilisieren und aufzubauen (Sozialkapital), Akteure zu vernetzen und auch Verwaltungen (Stadtplanung, Stadtentwicklung) neu zu orientieren (vgl. ebd.). Innerhalb des Stadtteils oder Quartiers existieren weitere Teilsettings (z.B. Schule, lokale Ökonomie), die quasi über die Quartiersebene koordiniert und gebündelt werden können. Neben der top-down-Koordination eines Settings ist es enorm wichtig, dass diese Entwicklung „bottom up“ durch partizipative Prozesse getragen wird. Klar ist dabei, dass eine ganze Reihe von Faktoren im Quartier Einfluss auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Menschen haben kann.

Auf der Tagung möchten wir verschiedene Themenfelder verhandeln, die jeweils theoretische und praktische Bezüge aufweisen und von Dissertationen über Auftragsprojekte bis zur kommunalen Praxis reichen können:

1. Zielgruppenspezifische Quartiersuntersuchungen und -interventionen im Gesundheitskontext

Als wichtige Zielgruppen gelten in diesem Zusammenhang im Quartier ältere Bewohner (zentral: Ermöglichung von Eigenständigkeit, Selbstbestimmtheit, Ageing in Place), pflegebedürftige kranke und behinderte Menschen (zentral: Inklusion), Arbeitslose und von Armut betroffene Menschen (zentral: Vermeidung sozialer Isolation) sowie Kinder und Jugendliche (zentral: „gute“ Sozialisation im Wohnumfeld). Der Fokus soll jedoch uneingeschränkt offen bleiben, zumal sich im Quartierskontext auch weitere, problemspezifische Zielgruppen, wie z.B. Menschen mit Bewegungsmangel und Übergewicht oder psychisch belastete und kranke Menschen zeigen, sich aber auch gesundheitliche Fragestellungen ergeben, die aus der Interaktion verschiedener Gruppen entstehen. Interessant wären Forschungen und Modellprojekte, die auf verschiedene soziale Gruppen oder deren Interdependenzen fokussieren. Auch je nach Profession und Perspektive dürften sich inzwischen ganz unterschiedliche Interventionspraktiken manifestiert haben (Kommunen, Stadt- und Gesundheitsplanung, Quartiersmanagement, Wohnungswirtschaft, Soziale Arbeit etc.). Hierüber in einen Austausch zu kommen, aber auch Praxis an Theorie zu spiegeln und umgekehrt, sind erklärte Ziele.

2. Settingspezifische Quartiersforschungen und -interventionen zum Thema Gesundheit

Es soll auf Untersuchungen oder Projekte fokussiert werden, die dezidiert den Setting-Ansatz nutzen, um deren Erfahrungen zu diskutieren und zu spiegeln. Das kann neben der Quartiersebene auch Teilsettings betreffen, die einen wichtigen Bezug und somit auch Wechselwirkungen zum Quartier haben. Das können Schulen, Familien, stationäre Institutionen oder auch andere sein.

3. Quartier, Soziale Ungleichheit und Gesundheit

Ein wichtiger Fokus der – sozialwissenschaftlich orientierten – Literatur über Gesundheit der letzten Jahre liegt im Zusammenspiel zwischen sozialer Ungleichheit und Gesundheit. So verfügen höhere Einkommens- und Bildungsschichten über eine günstigere Gesundheitsbilanz und eine höhere Lebenserwartung als benachteiligte Gruppen. Der Abstand zwischen den sozialen Schichten ist in den letzten Jahren darüber hinaus immer weiter angestiegen und schlägt sich sozialräumlich in unterschiedlichen Quartierskontexten nieder. Fragen nach der Richtung der Wechselwirkung aber auch der dynamischen Entwicklung von Gesundheit resp. Krankheit und soziale Ungleichheit sind von Interesse. Gibt es aktuelle Erkenntnisse oder Diagnosen? Wie kann man auf der Quartiersebene derartige Ungleichheiten auflösen? Wie kann man trotz der sozialen Ungleichheiten die Gesundheit erhalten oder fördern?

4. Kleinräumige Gesundheitsplanung

Das Thema kleinräumiger Gesundheitsplanung stellt trotz seiner Aktualität ein noch junges Forschungsfeld dar. Es erscheint deshalb sinnvoll, auch über theoretische Konzepte zu diskutieren, wie z.B. über Quartierseffekte im Gesundheitskontext, über Ungleichheitsforschung und deren Beitrag zum Themenfeld, über Ernährungsfragen und räumliche Implikationen (z.B. food desert-Konzepte) oder über den Stand der Public Health- und Präventionsforschung.

Die Veranstaltung richtet sich an einen breiten Interessentenkreis aus Forschung und Praxis, insbesondere auch an NachwuchswissenschaftlerInnen. Der Arbeitskreis Quartiersforschung versteht sich als offenes, interdisziplinäres Foren von ExpertInnen verschiedenster Ausrichtungen. Ein wichtiges Ziel dieser Tagung ist es, den Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis (Kommunen, Stiftungen, soziale Träger o.ä.) zu fördern. Deshalb sind selbstverständlich neben GeographInnen auch Angehörige anderer sozial- und gesundheitswissenschaftlicher Disziplinen sowie Stadt- und GesundheitsplanerInnen und ExpertInnen aus der Praxis herzlich willkommen!

Für das Jahrestreffen, das in Berlin vom 18. (mit abendlicher Exkursion und Networking) bis 19. Mai 2014 in Kooperation mit dem Deutschen Institut für Urbanistik stattfinden wird, sind Impulsreferate (ca. 15 Minuten) aus den oben beschriebenen Themenbereichen vorgesehen. Themenvorschläge (mit Kurzexposé von höchstens einer Seite) richten Sie bitte

bis zum 28. Januar 2015 (verlängert!)

an die AK Sprecher Olaf Schnur (olaf.schnur@posteo.de) oder Matthias Drilling (matthias.drilling@fhnw.ch). Die Sprecher des AK Quartiersforschung stehen auch für weitere Auskünfte und Rückfragen gerne zur Verfügung (siehe http://www.quartiersforschung.de). Bei ausreichender Anzahl und Qualität der Beiträge ist eine anschließende Verlagspublikation möglich.

Interessierte, die kein eigenes Thema vorstellen, aber dennoch an der Tagung teilnehmen möchten, sind ebenfalls herzlich eingeladen. Das definitive Tagungsprogramm wird voraussichtlich bis Februar 2015 vorliegen und über die üblichen Verteiler bekannt gemacht. Wir bitten um eine obligatorische Anmeldung per E-Mail an die o.g. Adresse (bitte mit Angabe der Institution), weil wir aufgrund der Räumlichkeiten nur eine sehr begrenzte Zahl an Personen aufnehmen können! Bitte haben Sie Verständnis, dass wir endgültige Teilnahmezusagen erst nach der Veröffentlichung des Programms und der Anmelde-Deadline im nächsten Jahr erteilen können.

Dank der freundlichen Unterstützung des Deutschen Instituts für Urbanistik wird die Teilnahme an der Tagung kostenlos sein. Anreise, Unterkunft und Verpflegung ist Sache der TeilnehmerInnen. Weil der Arbeitskreis über kein eigenes Budget verfügt, können wir leider auch für ReferentInnen weder Honorare zahlen noch Reisekosten erstatten.

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